"Trop d’impôt tue l’impôt"
Der Spitzensteuersatz verdirbt die Staatseinnahmen
Die Debatte um die Erhöhung des Spitzensteuersatzes in Deutschland kommt Belgien nicht ungelegen. Abgesehen vom in Belgien längst vorgeschriebenen Mindestlohn, machen auch die hohen Abgaben auf Arbeitseinkommen das Land gegenüber dem starken Nachbarn im Kampf um die Arbeitsplätze wenig wettbewerbsfähig.
Noch vor wenigen Monaten bescheinigte EUROSTAT dem Königreich mit einem Spitzensteuersatz von 53,7 % den dritten Platz in Europa hinter Schweden und Dänemark. Eigentlich gehört Belgien in Europa ganz nach vorne, da Schweden und Dänemark mit den Steuern auch die Lohnnebenkosten finanzieren. Belgien zählt auch bei der Beitragshöhe zur Sozialversicherung zu den Spitzenreitern.
Schwarzarbeit
In Belgien sind bereits von jedem Cent eines Arbeitseinkommens über 37.330,01 € stattliche 53,7 % an den Staat abzuführen. Die Folgen sind neben der eingeschränkten Kaufkraft der Steuerzahler vor allem die Schwarzarbeit. Die Grundwahrheit „trop d’impôt tue l’impôt“ scheint nicht ohne Grund frankophonen Ursprungs zu sein.
In Deutschland gilt erst ab einem Einkommen von 52882 € der Grenzsteuersatz von 42% - mit dem Solidaritätszuschlag 44,3%. Dieser Satz erhöht sich erst ab einem Einkommen von 250.730 € um weitere 3% auf 45% wegen der „Reichensteuer“ – und schließlich mit dem Solidaritätszuschlag auf 47,5%. Diesen Betrag hat EUROSTAT zum Vergleich herangezogen, so dass Deutschland mit diesem Ergebnis auf Platz 11 noch im oberen EU-Durchschnitt landet.
Wenn es nach der SPD und den Grünen ginge, könnte der Spitzensteuersatz jedoch schnell nach oben gehen. Den Grenzsteuersatz würde die SPD ab einem Einkommen von 100 000 € gerne von 42 % auf 49 % zuzüglich dem Solidaritätszuschlag anheben, die Grünen schon ab 80000 €. Den Platz noch im oberen Mittelfeld würde Deutschland verlieren.
Die Belgier stehen schlechter da
Allerdings sprechen Vergleiche der Spitzensteuersätze nur die halbe Wahrheit. Wesentlich ist, zum einen, ab wann genau die Spitzensätze gelten. Hinzukommt, dass für den Steuersatz nur das zu versteuernde Einkommen maßgeblich ist, also nach Berücksichtigung bzw. Abzug von Werbungskosten, Fahrten zur Arbeit, dem Unterhalt von Angehörigen bis hin zum Ehegattensplitting. Unter dem Strich stehen aber auch insoweit die Belgier schlechter da. Schließlich dürfte für die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung die Höhe des Grundfreibetrags wichtiger sein, der in Belgien mit 6.999 € um rund 1.500 € niedriger ausfällt als in Deutschland. Um die Aussagekraft des Vergleichs zu verbessern, hat EUROSTAT dazu die durchschnittliche Abgabenbelastung verglichen. Allerdings nimmt Belgien auch nach diesem Vergleich den obersten Platz ein.
So mancher behauptet, dass das Drehen an der Steuerschraube die „dümmste“ Form der Haushaltskonsolidierung darstellt. Mindestlohn oder Reduzierung der Solidaritätsabgabe für niedrige Einkommen nützen den meisten weit mehr. Auch der französische Staatspräsident Holland musste mit seiner Reichensteuer von 75 % ab einer Million € klein beigeben. Er scheiterte am Verfassungsgericht. Auch in Frankreich gilt der verfassungsmäßige Grundsatz, dass Steuern nur mit Maß erhoben werden dürfen. Solange mit der Stimmung gegen Reiche nur Stimmenfang beabsichtigt war, scheint ihm dies aber gelungen. Denn nennenswerte Einnahmen konnte er nicht vorrechnen.
Auch in Belgien wird der Ruf nach moderaten Steuern lauter. Längst überfällig war die kürzliche Gründung eines Pendants zum deutschen Bund der Steuerzahler in Belgien unter dem Namen „NousCitoyens“ http://www.wecitizens.be
Der bereits 1949 gegründete Bund der Steuerzahlermit seinen 300000 Mitgliedern in Deutschland hat stets als Garant moderater Steuern gewirkt. Ein Hoffnungsschimmer.
Von Walter Grupp
Zuerst veröffentlicht auf Belgieninfo am 03/10/2013.